Der Blaukittel

Der Iämpeströater Blaukittel

Geschichtliches:

Fest steht, dass man seit der Antike die Faser der Flachspflanze zu Leinen verarbeitete (gesponnen und gewoben). Die Kleidung des frühen Mittelalters wurde stark durch die byzantinische Mode geprägt. Germanische Grundformen waren vor allem in Kittel und Hose sichtbar. Verbote und Anordnungen beschränkten Bauern und Handwerker auf grobe, einheimische Gewebe. Zum großen Teil wurden sie aus Hanf, Wolle oder Leinen selbst hergestellt. Gefärbt wurde (wenn überhaupt) für die Festtagstracht mit einheimischen Pflanzenfarben. Die Kleidung der Feudalherren war hingegen aus kostbaren, oft mehrfarbig gemusterten Geweben und wurde reich bestickt.

Im 15./16. Jahrhundert importierte man mit dem „Indigo“ den ältesten, pflanzlichen, tiefdunkelblauen Farbstoff nach Europa. Die sogenannten Leineweber stellten mit mehr oder weniger gut konstruierten Webstühlen das Leinentuch her. Aus englischen Archiven ergibt sich, dass die wirtschaftliche Stellung Brabants (belgische Provinz) und seiner Tuchindustrie viel bedeutender war, als man bisher annahm. So führte eine große Wirtschaftsstraße von Köln durch Brabant nach Flandern. Es entwickelte sich ein
Fernhandel, der die Geschichte der Tuchindustrie beeinflusste.

Die Brabanter Fuhrleute trugen blaue Kittel und rot-kattunene Halstücher. Es muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die relative Nähe und Erreichbarkeit Brabants auch einen gewissen Wandel der Trachten (Übernahme der blauen Kittel) bewirkte. Es ist bekannt, dass z. B. die französischen Bauern sowie Fuhrleute (Blouse longe, Sarrau) sowie die ländliche Bevölkerung in den Beneluxländern und England (Smock-Frock) blaue Kittel trugen. Man findet Blaukittel auch in Südeuropa, und letztlich ist davon auszugehen, dass der Brabanter Kittel in ganz Europa als Kleidungsstück der ländlichen, arbeitenden Bevölkerung Verwendung fand. Ja, man fand Blaukittel sogar in den Vereinigten Staaten von Amerika. Nach dort sind sie mit den Auswanderern gelangt, wie Veröffentlichungen dortiger Universitäten berichten.

Als im Jahre 1832 in England die erste mechanische Webmaschine für Baumwolle erfunden wurde und bald darauf mechanisch hergestellte Webwaren auch in Deutschland den Markt überschwemmten, gab es natürlich kein Halten mehr. Alles kaufte die günstigeren Baumwollsachen.

Das Bauernhemd (auch Brabanter-, Blau-, oder Bauernkittel) veränderte zwangsläufig Stil, Aussehen und Gestaltung. Der Blaukittel ist heute ohne das feste blaue Baumwolltuch kaum mehr denkbar. Der ursprüngliche Brabanter Kittel hatte keinen Schlitz sondern lediglich ein Halsloch (eine enge runde Halsöffnung) durch das man beim Überziehen den Kopf hindurchzwängen konnte. An dem Hals- und an den engen Ärmelbörtchen waren viele Falten eingelassen. Oft wiesen Börtchen und die auf die Schulternähte aufgesetzten Leinenstreifen weiße oder schwarze Zierstiche auf.

Sehr schnell kam es zu speziellen Ausformungen innerhalb einzelner Regionen, ja sogar Orte. Hier trug man den Kittel kürzer oder dort länger. Mal war die Achselstickerei weiß, mal schwarz und hier und
dort auch rot, Kragen mit Mauszähnchen. Diese Verzierung wurde zunächst mit der Hand, später dann mit besonderen Kurbelmaschinen angebracht. Bauern und Weber trugen das Hemd meist mit einem
schwarzen Weber-, Deckel, oder Zipfelkäpple (Gugel). In unserem Gebiet setzte sich die „hochseidene Kappe“ mit festem (teilweise Leder) Schirm durch. Warum man die Stoffe für das sogenannte Kittelzeug indigoblau färbte, naturfarben beließ oder nur bleichte, ist heute nicht mehr eindeutig zu klären. Das Blau ist aber sicherlich dem modischen Einfluss und einer gewissen Novität geschuldet.

Text nach Absprache genommen von Hans-Heinrich Lesker – herzlichen Dank dafür

Der Blaukittel als westfälische Tracht:

Die westfälische Tracht, hier die Tracht der „ollen Iämpeströater“, besteht nicht aus dem Blaukittel allein.

Bestandteile der Tracht sind:

  • Blaukittel
  • Rotgemustertes Halstuch
  • Hochseidene schwarze Kappe
  • Schwarze Hose
  • Westfälische Holzblutschen
    • (alternativ schwarze geschlossene Schuhe)
    • die grundsätzliche Ablehnung der Blutschen ist nicht zu verstehen. Mit ein paar dicken Socken, in der richtigen Größe kann man hervorragend darin laufen.

Der „Iämpeströater Blaukittel“ hat also eine alte Herkunft, Geschichte und historische Vorgänger.
Es ist schön und richtig, wenn wir mit der Dacho und in unseren Nachbarschaften (als heimat- und traditionsverbundenen Vereinen) den Blaukittel als Tracht auch in der Neuzeit pflegen, würdigen und bewahren.


Nachsatz:

Der „Iämpeströater Blaukittel“ war die westfälische Tracht der Männer.
Die Frauen trugen zu dieser Zeit lange Kleider – hier ist allerdings noch ein
bisschen Recherchearbeit zu leisten – Sollte hier jemand Informationen haben, so würden wir uns freuen wenn wir diese bekommen könnten.